Josefa Fuchs, Leiterin der Therapiegruppe St. Pölten
Hallo ich bin Josefa, ich leite seit 2014 die ÖVMB Therapiegruppe in St. Pölten. Wir sind eine mitgliederstarke und sehr aktive Gruppe. Im Jahr 1989 bin ich zur Gruppe gestoßen und ich habe es nie bereut.
Begonnen hat der Morbus Bechterew bei mir in den 1980igern. Bei einem Krankenhausaufenthalt 1982 kam nach zwei Tagen ein junger Arzt zu mir und sagte: “Frau Fuchs, wir wissen was sie haben, es ist MB. Es ist zwar anstrengend aber man kann auch aktiv etwas dagegen machen, wir arrangieren für Sie gleich eine Kur“. Zu dieser Zeit gab es kein Internet und meine Frage war, was ist Morbus Bechterew? Ich war 23 und fuhr das erste Mal zur Kur nach Bad Hofgastein. Dort habe ich gesehen was Morbus Bechterew heißt, und Kontakte mit anderen Patienten haben mir die Augen über MB geöffnet und mir das Wissen darüber vermittelt.
Der Eintritt in die ÖVMB war für mich eine logische Konsequenz und die Therapiegruppe hat mir persönlich immer viel gebracht, das gemeinsame Turnen und der Austausch untereinander sind für mich die Grundlage zum guten Umgang mit MB. Mit fünf bis sechs Leuten war die Gruppe 1989 noch klein und die Gemeinschaft war noch nicht so eng, aber die Bewegung in der Gemeinschaft habe ich gebraucht, speziell in den Zeiten der starken Schübe wenn ich fast nicht mehr gehen konnte.
Der Austausch mit anderen Betroffen hat mir immer am meisten geholfen. (In diesen Jahren noch ohne Internet; das hört sich alt an und ist für junge Menschen heute unvorstellbar). Ja, wo hätte ich erfahren können was MB ist, deshalb waren die Gespräche mit den anderen Bechtis so wichtig, da habe ich gehört, was ich dagegen alles machen kann. Mein „Kennenlernen“ von MB war durch die Gruppe viel direkter und intensiver. Das Internet wird von den „Neu“ Betroffenen zur Information genutzt und leider kommen daher immer seltener junge Menschen zur Gruppe. Bei unserer Gruppe in St. Pölten, sind über die Jahre viele Freundschaften entstanden und wenn jemand neu zur Gruppe kommt wird SIE oder ER offen und herzlich aufgenommen.
Die richtige Bewegung in der Gemeinschaft ist für mich ein wichtiger Teil meines Lebens geworden, und ich weiß wie wichtig die Bewegung ist. Es ist schön, dass in den letzten Jahren immer wieder neue MB Betroffene zu uns kommen, manche bleiben, andere holen sich nur die Information und bleiben dann hoffentlich auch in Bewegung.
Frage: Du lebst schon sehr lange mit MB, der mit 19 bei Dir ausgebrochen ist. Ist für Dich, die Lebensqualität, der gute Umgang mit MB, der Austausch mit anderen, positives Denken oder ein Paket aus allem dafür verantwortlich?
Es muss ein gesamtes Paket sein, ein Punkt alleine geht nicht. Du musst den Umgang mit MB lernen, du musst ihn akzeptieren und dich nicht mehr schämen dass du nicht oder schlecht gehen kannst. In jungen Jahren habe ich den MB versteckt, ich bin nicht ausgegangen wenn ich schlecht gehen konnte, ich habe mich geschämt wenn ich zum Arzt bin und bei einer Grünphase nicht über die Straße kam. Es ist deprimierend und für das Umfeld unverständlich. Die Krankheit verstecken wir, bevor wir dazu stehen.
Wenn mich Freunde gefragt haben wie geht es dir, war meine Antwort „gut“, es war eine Täuschung, denn wie viel Parkemed ich einnahm, wussten meine Freunde ja nicht. Ich erkannte: Ich muss etwas ändern. In der Arbeit und im privaten Bereich. Ich war 35 Jahre, mir wurde eine Umschulung angeboten. Von einem stehenden auf einen sitzenden Beruf. Die neue Arbeit hat mir viel Freude gemacht und es waren immer weniger Medikamente erforderlich.
10 Jahre hat dann mein Morbus Bechterew „geschlafen“. Heute kann ich durch tägliche Dehnübungen und wöchentliche Turnstunden mit unseren Therapeuten ohne Einschränkungen leben. Wenn ich einmal im Jahr einen Schub habe gehe ich zu meinem Hausarzt.
In die Gruppenleitung bin ich ein bisschen hineingerutscht. Für Robert, meinen Vorgänger, war die Gruppe „sein Kind“, er hat die Gruppe mit viel Geduld aufgebaut und wollte sie an jemanden übergeben, der sie gerne weiterführt. Ich bin immer unheimlich gerne zum Turnen gegangen, ich mag Menschen und ich habe gesehen, die Arbeit wird für Robert zu viel, und so habe ich ihm zuerst die Kasse abgenommen und dann habe ich die Gruppe von ihm übernommen. So locker wie früher ist es nicht mehr, aber solange man es gerne macht empfinde ich es nicht als Arbeit - und ich mache es noch gerne. Es gelingt nicht immer, für jeden den passenden Ausflug oder Treffen zu organisieren. Das ist für „meine Bechti´s“ kein Problem, es kommen keine Beschwerden. Mit 26 Personen ist St. Pölten nun eine große Gruppe geworden. Bei den Ausflügen sind auch ehemaligen Turner mit dabei. Zwei bis drei Ausflüge im Jahr machen wir und sind mit den Angehörigen über 40 Personen.
Die Bewegung ist für mich so wichtig weil ich weiß, was sie mir gebracht hat. Ich habe auch bei Alltagsbewegungen immer gegen das steifer werden gearbeitet. Viel auf den Körper hören, er gibt uns die Signale was uns gut tut. Immer dagegen arbeiten, wenn die Versteifung beginnt, dann geht die Versteifung wieder auf. Qui Gong ist herrlich, Yoga mache ich zusätzlich. Gerne gehe ich auch Walken und nicht nur einmal in der Woche Turnen, das täglich Auflockern ziehe ich voll durch. Die Entspannungsübungen sind ein wesentlicher Anteil der Übungen.
Die Kur ist in den Jahren mit den starken Schüben super, da sind vier Wochen, wo man sich nur um seine Dinge kümmern kann, und wenn dein Partner zu dir steht, ist es perfekt.
Nicht verzagen, immer in Bewegung bleiben und positiv denken.